7 Fragen zum Ernteprojekt „Gelbes Band“ und dem neuen Bildungsangebot für Kitas

Pflücken erlaubt! Mit dem Ernteprojekt „Gelbes Band“ können private und öffentliche Eigentümerinnen und Eigentümer von Obstbäumen, -sträuchern oder ganzen Flächen zeigen, dass das Ernten allen ausdrücklich erlaubt ist – so auch der Kindertagesbetreuung.
Wie das genau funktioniert, warum gelbe Bänder Lebensmittelwertschätzung fördern und wie das neue Bildungsangebot „Von der Blüte bis zur Ernte – Wo kommt mein Apfel her?“ für die Kitas aussieht, berichtet uns Talke Gristede, Fachreferentin Ernährung, Schwerpunkt Lebensmittelwertschätzung beim Zentrum für Ernährung und Hauswirtschaft Niedersachsen (ZEHN).
1. Der Apfel spielt die Hauptrolle im neuen Bildungsangebot für die Kindertagesbetreuung. Können Sie uns mehr darüber erzählen?
Wie entsteht aus einer Blüte ein knackiger Apfel? Um diese spannende Reise geht es im kostenfreien Bildungsangebot „Von der Blüte bis zur Ernte – Wo kommt mein Apfel her“? des ZEHN. In Anlehnung an das Ernteprojekt „Gelbes Band“ und gerichtet an Kindertagesstätten soll es dabei unterstützen, Kindern schon frühzeitig am Beispiel des Apfels ein tieferes Verständnis für die Herkunft ihrer Lebensmittel zu vermitteln.
Das Angebot bietet vielfältige Vorlagen und Inspirationen für die Gestaltung des Themas in den verschiedenen Entwicklungsphasen des Apfels – von der Blüte im Frühjahr, über das Wachsen und Reifen der Frucht bis hin zur Ernte im Herbst. Jede Phase wird durch anschauliche und kindgerechte Aktivitäten unterstützt, wie zum Beispiel Liedern, Reimen, Mal- und Bastelvorlagen bis hin zu Rezepten, sodass die Kinder den gesamten Wachstumszyklus des Apfels interaktiv und spielerisch nachvollziehen können. Auch Anleitungen zum Forschen und Entdecken bis hin zu einer Check- und Packliste für einen spannenden Ernteausflug sind mit dabei. Das Bildungsangebot „Von der Blüte bis zur Ernte – Wo kommt mein Apfel her?“ stellen wir Kindertagesstätten in Niedersachsen auf Anfrage kostenlos – entweder als Print-Produkt oder digital – zur Verfügung. Interesse? Weitere Informationen hierzu gibt es auf der ZEHN-Website.
2. Was genau hat es mit den „Gelben Bändern“ eigentlich auf sich?
Die gelben Bänder an Obstbäumen sind Teil des Ernteprojekts „Gelbes Band“, das 2020 vom ZEHN in ganz Niedersachsen eingeführt wurde, um Obst vor dem Verderben zu retten und nachhaltige Ressourcennutzung zu fördern. Der Ursprung dieser Aktion stammt aus dem Landkreis Esslingen in Baden-Württemberg. Die Idee hinter der Initiative ist, dass private wie öffentliche Eigentümerinnen und Eigentümer von Obstbäumen, die mehr Früchte haben, als sie selbst verwerten können, diese Bäume mit einem gelben Band des ZEHN markieren.
Das gelbe Band signalisiert und ermutigt, dass das regionale Obst kostenlos und ohne Rücksprache von Passanten geerntet werden darf. So erhalten auch Menschen ohne Bäume die Möglichkeit, selbst zu pflücken. In den letzten fünf Jahren, seit Beginn des Ernteprojektes für Niedersachsen, konnten so viel mehr Menschen regionales, frisches Obst genießen und von der Sortenvielfalt, auch alter Sorten, profitieren. Und die Eigentümerinnen und Eigentümer freuen sich, wenn ihr Obst geerntet wird. Durch das Teilen entsteht ein neues Gemeinschaftsgefühl – oder sogar neue Aktionen wie zum Beispiel gemeinsames Mosten auf dem Marktplatz. Das freut uns natürlich.
3. Wie sieht der Ablauf des Ernteprojekts aus?
Anfang Juni startet das ZEHN einen Aufruf, zum Beispiel über die Presse und bewirbt die Anmeldephase. Eigentümerinnen und Eigentümer können sich auf unserer ZEHN-Website informieren und online registrieren. Danach erhalten sie postalisch die benötigte Anzahl gelber Bänder und Plakate mit Verhaltenshinweisen für ihre Bäume, die sie kurz vorm Erntezeitpunkt selbst anbringen. Darüber hinaus können auch Informationsmaterialien wie Saisonkalender oder Lagerungstipps für Obst und Gemüse bestellt werden. Das gesamte Angebot ist kostenlos.
Begleitet wird die Erntezeit von allerlei Interessantem rund um das Thema „heimische Ernte“ auf Instagram und Facebook sowie auf unserer Website und im ZEHN-Newsletter: zum Beispiel Infos zur Sortenvielfalt oder Rezepte.
Das Bildungsangebot für Kitas wird ebenfalls ab Frühjahr verfügbar sein, damit die Kitakinder im wahrsten Sinne des Namens „Von der Blüte bis zur Ernte“ das Wachstum des Apfels begleiten können.
Die Einbindung in die jährlich stattfindende Aktionswoche gegen Lebensmittelverschwendung schafft deutschlandweit Aufmerksamkeit und motiviert dadurch auch andere Bundesländer oder Kommunen die Ideen ebenfalls umzusetzen.
4. Wie können die Kindertagesbetreuung bzw. Familien Orte mit Bäumen in ihrer Nähe finden, an denen das Ernten erlaubt ist?
Jeder Ort zum Pflücken wird nach der Anmeldung vom ZEHN in eine digitale Standortkarte eingepflegt, sodass interessierte Pflückende schauen können, wo es Möglichkeiten in ihrer Nähe gibt. Das ermöglicht, dass auch Orte in der Nähe gefunden werden, die man sonst vielleicht nicht wahrnimmt.
Pflückangebote, die auf der Standortkarte zu sehen sind, wurden bei uns registriert. Somit ist es neben den gelben Bändern ein zweites Zeichen (Indikator) dafür, dass Ernten dort erwünscht ist. Diese Standortkarte wird nach und nach durch die laufenden Anmeldungen bis in den Herbst hinein ergänzt. Daher lohnt es sich auch zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu schauen.
Beim Ausflug ist es wünschenswert, wenn die Orte umweltfreundlich erreicht werden können, zum Beispiel mit dem Fahrrad, da das Projekt auch zum Umweltschutz beitragen möchte. Geerntet darf dann von allen Bäumen, die ein gelbes Band tragen. Wichtig ist dabei natürlich, sorgsam mit der Natur und dem Eigentum der Besitzerinnen und Besitzer umzugehen und aufzupassen. Den Ort sauber zu hinterlassen ist selbstredend.
5. Ab wann kann wie gepflückt werden?
Die Pflückreife ist natürlich je nach Sorte, Wetter und Standort individuell. Auf der Standortkarte sind die geschätzten Zeiträume eingetragen. So kann in der Zeit zwischen Frühsommer bis Herbst geerntet werden. Damit alle Erntenden etwas bekommen, gilt es, nur so viel zu pflücken, wie auch selbst für den privaten Verzehr verarbeitet werden kann. Ebenso gilt es nur reifes Obst zu pflücken, ehe dass zu viele unreife wie saure „Kostproben“ verloren gehen: Wenn Apfel, Birne oder Pflaume leicht angehoben und gedreht werden und sich dabei der Stiel vom Ast löst, dann ist die Frucht reif. Reife Kirschen und Beeren fallen quasi in die Hand, man braucht nicht ziehen.
Natürlich ist auch Fallobst schmackhaft. Schadhafte Stellen können einfach rausgeschnitten werden. Da auch die ein oder andere Wespe gerne mal frische Früchte isst, sollte man gerade Kinder noch einmal daran erinnern, erst zu schauen, bevor sie fest zugreifen. Zudem werden die Pflückenden gebeten, nicht auf Bäume zu klettern und darauf zu achten, dass die Äste heile bleiben. Denn dann haben die Eigentümerinnen und Eigentümer auch Lust, ihre Bäume im nächsten Jahr wieder freizugeben.
6. Welche Vorteile haben pflückende Personen, insbesondere Kindergartengruppen?
Für Kindergruppen stellt das Projekt eine Gelegenheit dar, regionales und saisonales Obst direkt in der Natur zu entdecken und zu ernten: Kinder lernen nicht nur, welche Früchte in ihrer Region wachsen, sondern auch, zu welcher Jahreszeit diese reif sind. Durch das direkte Erleben wird der natürliche Bezug zu Lebensmitteln gestärkt. Das Pflücken von Obst vor Ort vermittelt den Kindern, wie wertvoll Lebensmittel sind, und regt sie an, diese bewusster zu konsumieren.
Ein weiterer Vorteil ist, dabei seltene und alte Obstsorten kennenzulernen, die in Supermärkten oft nicht erhältlich sind. Dadurch wird das Bewusstsein für die Vielfalt von Lebensmitteln gefördert und der Erhalt dieser Sorten unterstützt. Gerade für Kinder ist dies eine spannende Erfahrung, die ihren Horizont erweitert und ihre Wertschätzung für die Natur vertieft.
Zudem lernen sie, wie Obst geerntet, verarbeitet und konserviert werden kann, etwa durch das Herstellen von Konfitüre, Saft oder Kompott. Gleichzeitig wird ihnen vermittelt, vorhandene Ressourcen effizient zu nutzen.
Für alle pflückenden Personen bietet das Projekt zudem den Vorteil, kostenlos regionales Obst zu erhalten und dabei aktiv einen Beitrag zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung zu leisten. Das ungenutzte Obst, das andernfalls verrotten würde, findet so einen sinnvollen Zweck.
Das Pflücken in der Natur bietet außerdem eine Möglichkeit zur Entschleunigung und Erholung, was besonders in der heutigen, oft hektischen Zeit geschätzt wird.
7. Welche Tipps gibt es zur Verarbeitung des Obstes zusammen mit Kindern?
Einfache und kindgerechte Rezepte hat das ZEHN im Bildungsangebot „Von der Blüte bis zur Ernte – wo kommt mein Apfel her?“ zusammengetragen, wie Apfelbrot, Apfel-Joghurt-Shake oder Kürbis-Apfelsuppe. Dabei können Kinder aktiv mithelfen und lernen gleichzeitig, wie Lebensmittel verarbeitet und haltbar gemacht werden können. Vor Beginn der Verarbeitung sollte der Fokus auf Hygiene und Sicherheit gelegt werden. Die Kinder lernen unter anderem wie wichtig es ist, sich gründlich die Hände zu waschen und saubere Arbeitsflächen zu nutzen. Auch dazu enthält das unterstützende Bildungsangebot vom ZEHN eine Vorlage.
Ein Saisonkalender kann den Prozess unterstützen und zeigen, welches Obst gerade reif ist und auf natürliche Weise geerntet werden kann. Dies fördert das Verständnis für Saisonalität und hilft, den Lebenszyklus von Lebensmitteln zu verstehen. Damit die Ernte auch lange frisch bleibt, stellt das ZEHN ebenfalls eine Übersicht mit Lagerungstipps für Obst und Gemüse bereit.
Durch den gesamten Prozess – vom Waschen über das Schneiden bis hin zur Verarbeitung – entwickeln die Kinder Teamgeist und eine stärkere Wertschätzung für Lebensmittel.