Geschirr für Kinder

Kind isst aus Schüssel

Essen will gelernt sein! Die Finger sind das erste Werkzeug, dass Kinder beim Essen nutzen. Danach wird die Handhabung mit Löffel, Gabel und Messer geübt. Doch welches Geschirr bietet Kindern eine optimale Unterstützung? Antworten rund um das Thema geben uns Kerstin Effers, Referentin für Umwelt und Gesundheitsschutz bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und Alexander Heinrich, Referent im Bereich Lebensmittel bei der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt.

1. Kindergeschirr bzw. -besteck gibt es in sehr vielen Varianten. Brauchen Kinder spezielle Esslernwerkzeuge, oder ist ein üblicher Löffel genauso geeignet?

Seit Generationen haben Kinder mit den Händen und mit einem Löffel erfolgreich Essen gelernt, dieser hat sich also offensichtlich bewährt, demnach brauchen wir hier das Rad nicht neu erfinden. Edelstahlbesteck in kleinerer Ausführung (Kinderbesteck), das besser in Kinderhände und -münder passt, kann das Lernen aber unterstützen. Tiefe Teller mit breitem Rand und Schüsseln können den Umgang mit Löffeln erleichtern. Mit kleinen Gläsern und Karaffen wird auch das Trinken und Eingießen leichter geübt.

2. Ist Kunststoff ein sicheres Material für Geschirr und Besteck?

Kunststoffgeschirr und -besteck wirkt zwar erst einmal bruchsicher und damit praktisch, aber aus Kunststoffen können Chemikalien in Lebensmittel übergehen. In der Regel ist die chemische Zusammensetzung des Kunststoffes nicht bekannt, daher ist auch unklar, welche Chemikalien freigesetzt werden und welche möglichen Mischungseffekte sich daraus ergeben. Daher lässt sich die Frage, ob ein Kunststoff für den Lebensmittelkontakt sicher ist, nicht pauschal beantworten.

Die meisten gesetzlichen Vorgaben gelten für Geschirr und Verpackungen aus Kunststoff. Gesetzliche Anforderungen an Silikon, Papier, Metall oder Keramik sind veraltet oder fehlen ganz. Diese Regelungslücke mahnen nicht nur die Verbraucherzentralen seit langem an. Das Gesetz sieht bei Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff für einige Substanzen spezifische Grenzwerte und zusätzlich einen Gesamtgrenzwert für alle auf Lebensmittel übergehende Substanzen vor.

In welchem Umfang Kunststoffe Chemikalien abgeben werden, hängt unter anderem von der Temperatur, dem Lebensmittel, der Kontaktdauer und der Kontaktfläche ab. Für heiße und/ oder fettige Lebensmittel sind Kunststoffe weniger gut geeignet, weil unter diesen Bedingungen ein höherer Chemikalienübergang zu erwarten ist.

Kindergeschirr wird oft aus Melaminharz hergestellt. Bei Temperaturen über ca. 70 °C oder sauren Lebensmitteln sowie Materialabnutzung besteht hier die Gefahr, dass Bestandteile – nämlich gesundheitsschädliches Melamin und Formaldehyd – auf Lebensmittel übergehen. Auf keinen Fall sollte Geschirr aus Melamin daher in der Mikrowelle erhitzt werden!

Prinzipiell können Kunststoffe auch Mikroplastikpartikel freisetzen.
 

3. Sind Bio-Kunststoffe eine nachhaltige Alternative?

Im Hinblick auf die gesundheitliche Bewertung sind Biokunststoffe für den Lebensmittelkontakt keine nachhaltigere Alternative, da genau wie bei den „konventionellen“ Kunststoffen zahlreiche Zusätze (Additive) wie Antioxidantien, Füllstoffe oder Weichmacher enthalten sein können. In einer wissenschaftlichen Untersuchung der Frankfurter Goethe Universität wurde gezeigt, dass Biokunststoffe besonders viele unterschiedliche Chemikalien freisetzen können, über deren gesundheitliche Wirkung bisher wenig bekannt ist.

Zudem werden für biobasierte Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wie Bambus, Mais und Kartoffeln landwirtschaftliche Flächen genutzt, die der Nahrungsmittelproduktion damit nicht mehr zur Verfügung stehen.

4. Der genannte Bambus wird z. B. für Trinkbecher verwendet – ist diese Art von Geschirr empfehlenswert?

Geschirr aus Kunststoffen wurde und wird noch immer unter Verwendung von Pflanzenfasern hergestellt. Hier war Bambus als schnellwachsender Rohstoff sehr beliebt. Allerdings ist nur Holzmehl als Füllstoff für Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff zugelassen. Da Bambus zu den Gräsern zählt, galt diese Zulassung nicht für Bambusmehl oder Maisstärke. Zahlreiche Untersuchungen zeigten, dass Becher aus Bambusmehl und Melaminharz oft gesundheitsschädliches Melamin und Formaldehyd an Lebensmittel abgeben. Da pflanzliche Füllstoffe sich negativ auf die Stabilität von Kunststoffen auswirken können, ist bei solchen Misch-Materialien Vorsicht geboten.


 

5. Welche Materialien eignen sich stattdessen und sind zu bevorzugen?

Glas* und Edelstahl sind besonders gut geeignete Materialien für den Kontakt mit Lebensmitteln. Porzellan und Qualitäts-Emaille-Geschirr bietet sich in der Regel ebenfalls gut an. Es kommt aber nicht nur auf das Material selbst an, sondern auch auf die Sorgfalt bei der Herstellung und die Auswahl der Rohstoffe. Lebensmittelkontaktmaterialien von seriösen Herstellern aus Deutschland oder mit Sitz in der EU sind deshalb oft die sicherere Wahl.

*Durchsichtiges Geschirr aus Glas hat den Vorteil, dass Kinder sowohl die angebotene Speise sehen als auch den Füllstand in Schüsseln und Gläsern einschätzen können.


 

6. Wie stehen Sie zu Keramik?

Keramik ist ein Oberbegriff u. a. für Porzellan, Steinzeug und Steingut. Glasuren und Dekore von Keramikwaren können Schwermetalle wie Blei, Cadmium und Kobalt enthalten. Ob bzw. welche Mengen an Schwermetallen aus der Keramik in das Lebensmittel übergehen, hängt von der Qualität der Glasur, von der Art des Dekors (z. B. auf oder unter der Glasur) und von der Temperatur ab, mit der die Keramik gebrannt wurde, aber auch von dem Säuregehalt des Lebensmittels und der Dauer des Kontaktes. Weißes Porzellangeschirr ohne Dekor, das bei hohen Temperaturen gebrannt wurde, stellt in der Regel kein Problem dar. Die in der EU gültigen Grenzwerte für Blei, Cadmium und Kobalt stammen aus einer 40 Jahre alten Richtlinie und sind nach Ansicht der zuständigen nationalen Sicherheitsbehörde, dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), nicht sicher. Das BfR empfahl bereits 2005 strengere Grenzwerte, die von Geschirr aus Porzellan, Keramik und Steingut eingehalten werden sollten.

7. Nehmen wir an, wir haben nun passendes Geschirr und Besteck für Kinder. Wie können Kinder bestmöglich beim Essen und Trinken lernen unterstützt werden?

Gemeinsame Mahlzeiten am Esstisch ohne Fernsehen und Smartphone, eine entspannte, freundliche Atmosphäre sowie ein gutes Vorbild sind sicher erfolgsversprechende Voraussetzungen, damit Kleinkinder Essen und Trinken lernen. Außerdem sollten Kinder selbst entscheiden dürfen, wie viel sie essen und trinken möchten. Wenn das Essen dann auch noch lecker und gesund ist und appetitlich aussieht, kann eigentlich nichts mehr schief gehen.