Lebensmittelverschwendung und Klimaschutz in Kitas

Teller auf dem ein Garten dargestellt ist. Mit Erde kleinem Salat, Äpfel, Tomaten, Möhren.

Lebensmittelverschwendung & Klimaschutz in Kindertageseinrichtungen

Verwenden statt verschwenden

7 FRAGEN AN …

… Katrin Scholtyssek und Antonia Blumenthal | Projekt MehrWertKonsum der Verbraucherzentrale NRW

1. Was hat unsere Ernährung mit dem Klima zu tun?

Durch die Erzeugung von Lebensmitteln entstehen vom Acker bis zum Teller verschiedene Treibhausgase, die zu einer Erwärmung des Klimas beitragen. Dazu zählen zum Beispiel Kohlendioxid (CO2), Methan und Lachgas. Es gibt einige Lebensmittel, die deutlich weniger Treibhausgas-Emissionen aufweisen als andere. Zum Beispiel sind mit der Erzeugung von pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse und Getreide weitaus weniger schädigende Klimagase verbunden als mit der Erzeugung tierischer Produkte wie Fleisch – insbesondere Rindfleisch – oder Käse.

Warum? Für die Erzeugung von Fleisch und Milchprodukten wird ein Vielfaches an Energie benötigt als für die Erzeugung der gleichen Menge an pflanzlicher Nahrung, wodurch deutlich mehr Kohlendioxid entsteht. Bei der Tierhaltung, insbesondere bei der Rinderhaltung, werden zudem weitere Treibhausgase freigesetzt. Dies sind insbesondere Methan und Lachgas, die um ein vielfaches klimaschädlicher als Kohlendioxid sind. Angaben zum Treibhausgas-Ausstoß zeigt die folgende Grafik.

Auch Herkunft, Anbauverfahren, Jahreszeit, Transportmittel und Lagerung der Lebensmittel spielen eine wichtige Rolle bei der Klimabilanz. Produkte aus ökologischer Landwirtschaft schneiden zum Beispiel insgesamt besser ab als Produkte aus konventionellem Anbau. Gemüse und Obst weisen eine bessere Klimabilanz auf, wenn sie aus der Region stammen und zur entsprechenden Jahreszeit im Freiland angebaut wurden. Im Vergleich schneiden die unverarbeiteten, frischen Lebensmittel deutlich besser ab als z. B. Tiefkühlgemüse oder Konserven. Auch der Transportweg und die Transportart beeinflussen die Klimabilanz. Besonders schlecht schneiden daher Lebensmittel ab, die aus weit entfernten Ländern stammen − ganz besonders, wenn sie mit dem Flugzeug transportiert worden sind.

Für eine klimafreundliche und zugleich ausgewogene Ernährung sollte daher ein Großteil der Mahlzeiten aus pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Getreideprodukten (z. B. Nudeln und Brot), Kartoffeln, Hülsenfrüchten (z. B. Erbsen, Linsen und Bohnen) und aus anderem Gemüse sowie Obst der Saison bestehen. Tierische Lebensmittel sollten eher maßvoll verzehrt werden. Dies gilt besonders für (Rind-)Fleisch und fettreiche tierische Lebensmittel wie Hartkäse, Sahne oder Butter.

2. Welche Erkenntnisse haben Sie bezüglich Speiseabfällen in Kitas?

Die Verbrauchzentrale NRW hat im Rahmen des Projektes MehrWertKonsum erstmals Daten zu Speiseabfällen beim Mittagessen in Kitas ermittelt. Gemessen und analysiert wird jeweils an zehn Verpflegungstagen, wie viele Lebensmittel für die Mittagsverpflegung produziert werden und was am Ende in der Speiseausgabe und auf den Tellern übrig bleibt. Konkret werden folgende Parameter erfasst:

  1. Produktionsmengen jeweiliger Speisekomponenten (Kilogramm)
  2. Ausgabereste jeweiliger Speisekomponenten (Kilogramm)
  3. Tellerreste gemischt (Kilogramm)
  4. Anzahl der geplanten und tatsächlichen Verpflegungsteilnehmer.

Das Ergebnis: Bei den aktuell 18 im Projekt begleiteten Kitas beträgt die Abfallquote, das heißt die Gesamtabfallmenge im Verhältnis zur produzierten oder von Verpflegungsanbietern gelieferten Menge, im Durchschnitt 20 Prozent. Dabei zeigt sich von Einrichtung zu Einrichtung eine hohe Spannbreite von 5 bis hin zu 56 Prozent. Bezogen auf die Gesamtabfallmenge, liegen die Ausgabereste im Durchschnitt bei rund 70 Prozent und die der Tellerreste bei 30 Prozent.

3. Worin sehen Sie mögliche Ursachen von Speiseabfällen in Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen wie Kindertagesstätten?

In der Gemeinschaftsverpflegung können viele verschiedene Ursachen zu Speiseabfällen führen. Jede Einrichtung ist individuell zu betrachten. Eindeutig ist, dass die Ursachen von den Rahmenbedingungen vor Ort, dem Engagement der Akteur*innen und vom gesamten Verpflegungsmanagement abhängig sind.

Hauptgründe für das Entstehen von Speiseresten in Kitas sind zum einen die Überproduktion, denn häufig liegt die kalkulierte Portionsgröße pro Kind über dem tatsächlichen Bedarf und zum Teil nehmen eingeplante Verpflegungsteilnehmer doch nicht an der Mittagsverpflegung teil. Zum anderen spielen die individuellen Vorlieben und Geschmäcker, die auch tagesabhängig sind, eine große Rolle.

4. Wie können Kindertageseinrichtungen Speiseabfälle vermeiden?

Der erste Schritt ist, einen Blick auf die Abfälle zu werfen. Je genauer die Messmethode, desto konkreter die Ursachenanalyse, womit die Maßnahmen zielgerichtet umgesetzt werden können. Jede Kita kann den „Küchenmonitor“, ein kostenloses Online-Tool, als Hilfestellung für die Auswertung nutzen. Der „Küchenmonitor“ erstellt elektronisch eine Auswertung inklusive Grafiken, in denen die Ergebnisse der Abfallmessung dargestellt sind. Diese Auswertung ist die Grundlage zur Daten- und Ursachenanalyse bezüglich der Speiseabfälle. Folgendes lässt sich zum Beispiel ableiten:

  • Zeigt die Messung, dass täglich viele Stärkebeilagen (z. B. Kartoffeln, Nudeln, Reis) entsorgt werden, ist die Produktionsmenge bzw. die Bestellmenge zu reduzieren.
  • Die Auswertung zeigt, wie hoch die kalkulierte Portionsgröße pro Kind ist und ob diese dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Liegt die tatsächliche Portionsgröße unter der geplanten, sind damit Ausgabereste begründet.
  • Fehlt bei bestimmten Speisen die Akzeptanz der Kinder und wird daher wenig gegessen, ist zu hinterfragen, ob das Gericht kindgerecht zubereitet ist.
  • Kinder, die z. B. krankheitsbedingt fehlen, sind rechtzeitig vom Mittagessen abzumelden. Nur so kann die Produktionsküche bedarfsgerecht produzieren.

Tellerreste sind teilweise unvermeidbar, denn Kinder müssen sich an neue Geschmäcker erst gewöhnen. Gleichzeitig sollte Essen nicht mit Zwang verbunden sein. Werden neue Speisen oder Menükomponenten angeboten, ist eine Übergangszeit, in der Reste anfallen, ganz normal. So schwer es auch fällt: Allein der Resteanfall sollte kein Grund dafür sein, auf Neuerungen zu verzichten. Bis Kinder sich an neue Speisen gewöhnt haben, ist es ratsam, in dieser Zeit nicht die volle Portionsmenge herzustellen, sondern diese bedarfsgerecht anzupassen.

Speisen auf Buffets oder in Schüsseln auf dem Tisch sollten nur in angepassten Mengen serviert und besser aus der Küche entsprechend nachgelegt werden. So können Standzeiten kurz gehalten werden und die übriggebliebenen Speisen, die nicht die Küche verlassen haben, können für den nächsten Tag verwertet werden. Vorausgesetzt die Kita hat die Produktionsküche vor Ort. Und zuletzt: Kommunikation mit den Kindern ist wichtig um Feedback zur Zufriedenheit zu erhalten, nur so lassen sich gemeinsam Speisabfälle vermeiden.

Weitere Faktoren sind bei der Kalkulation der Produktionsmengen zu berücksichtigen. Zum Beispiel eine Geburtstagsfeier am Vormittag mit Kuchen oder ein heißer Sommertag führt zu weniger Appetit beim Mittagessen.

Unabhängig davon ist es von Vorteil, wenn die Zubereitung der Speisen vor Ort stattfindet. Denn so lässt sich die Produktions- und Ausgabemenge individuell gestalten und eine Überproduktion vermeiden. Das erleichtert den Austausch zwischen Küchenkräften, Kitaleitung, Eltern und Kindern, um bedarfsgerecht nach den Vorlieben zu produzieren.

Generell ist es wichtig, dauerhaft gegen Lebensmittelabfälle aktiv zu sein und die Maßnahmen im Alltag zu etablieren. Kita- und Küchenpersonal, Verpflegungsanbieter, Kinder, Eltern sowie die Träger sind einzubeziehen, um gemeinsam Ziele zu setzen, die eine abfallarme Verpflegung ermöglichen. Der Blick auf die Speisereste und die Kommunikation untereinander legt Ursachen für Lebensmittelabfälle offen und ermöglicht es, gemeinsam Verbesserungen zu erarbeiten und langfristig zu implementieren.

Durch die Abfallvermeidung lassen sich Kosten reduzieren, die wiederum finanzielle Spielräume zur Qualitätssteigerung des Angebotes bieten. Somit können Bio-Produkte und/ oder regionale und saisonale Produkte eingesetzt werden, um eine klimafreundliche Verpflegung ganzheitlich umzusetzen.

5. Welche Möglichkeiten haben Verpflegungsverantwortliche, wenn doch einmal Lebensmittel bzw. Speisen übrigbleiben?

Die Verwertung von übrig gebliebenen Speisen in der Gemeinschaftsverpflegung unterliegt Hygieneregeln, denn zu hoch ist bei unsachgemäßem Umgang das Risiko einer lebensmittelbedingten Erkrankung. Mit vorausschauendem Arbeiten sowie regelmäßigen Temperatur- und Zeitkontrollen lassen sich Reste auf ein Minimum reduzieren.

Im Prinzip gilt: Alle zubereiteten Speisen, die die Küche einmal verlassen haben, sollten weggeworfen werden. Das gilt insbesondere für Speisen auf Tisch oder Buffet, von denen sich die Kinder selbst bedient haben. Durch den direkten Kontakt muss aus hygienischer Sicht von einer nachteiligen Beeinflussung der Speisen ausgegangen werden. Tellerreste müssen auf jeden Fall entsorgt werden.

Speisen, von denen sich die Kinder nicht direkt bedienen konnten, da sie z. B. die Küche nicht verlassen haben, können bei richtigem Umgang weiterverwendet werden. Zu viel produzierte Speisen müssen nur dann entsorgt werden, wenn die Temperaturanforderungen nicht konsequent eingehalten wurden. Ein Temperaturanstieg bei Kaltspeisen bis 10 °C oder ein Temperaturabfall bei Warmspeisen bis 60 °C ist für maximal zwei Stunden tolerabel.

Somit hat eine Einrichtung, die selber vor Ort produziert, die Möglichkeit zum Teil übrig gebliebene Speisen am Nachmittag als Snack anzubieten oder am nächsten Tag für das Mittagessen zu verwerten.

6. Welche Empfehlungen bzw. Anregungen haben Sie zur Gestaltung nachhaltiger Speisepläne in Kitas?

Da viele Kinder ihre Mahlzeiten in der Kita einnehmen, kann dort ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Zum Beispiel durch die Verringerung von Fleisch- und Wurstmengen. Bei der Mittagsmahlzeit kann eine Reduzierung entweder durch den Austausch eines Fleischgerichtes durch ein fleischloses Gericht erfolgen oder durch den Ersatz der Fleischkomponente durch eine vegetarische oder vegane Alternative. Des Weiteren können Treibhausgaseinsparungen durch eine Verringerung der Fleischportionsgröße, eine Erhöhung des Gemüseanteils beispielsweise in Hackfleischsoße und der Einsatz von weniger Rindfleisch erfolgen. Vor allem Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen, Linsen und daraus hergestellte Produkte, sowie Getreideprodukte, Nüsse, Kerne und Samen bieten eine klimafreundliche und gesunde Vielfalt.

Die Gerichte beziehungsweise die enthaltenen Lebensmittel sollten überwiegend der Jahreszeit entsprechend angeboten werden. Durch ein saisonales und überwiegend regionales Angebot können lange Transportwege bei der Beschaffung der Zutaten vermieden werden. Zudem kann so die Anzahl der Lebensmittel, die aus beheizten Treibhäusern kommen oder in Kühlhäusern gelagert werden, reduziert werden. Stark verarbeitete Lebensmittel sollten nur selten bis gar nicht auf dem Speiseplan stehen.

Auch unter den Getreideprodukten findet sich ein Lebensmittel, das eine vergleichsweise schlechtere Klimabilanz aufweist – Reis. Beim Anbau entstehen Methangase, zudem wird Reis überwiegend aus Asien importiert. Reisgerichte sollten daher maximal alle zwei Wochen angeboten werden.

Reis kann zum Beispiel durch andere Getreide- oder Pseudogetreidearten wie Dinkelreis, Graupen, Hirse oder Couscous ersetzt werden.

Fettreiche Milchprodukte wie Hartkäse, Sahne oder Butter sollten beim Mittagessen bzw. beim Frühstück häufiger durch fettärmere Milchprodukte wie Joghurt, Milch oder Saure Sahne ersetzt werden. Das schont nicht nur das Klima, sondern hat auch gesundheitliche Vorteile. An passender Stelle, wie zum Beispiel bei Soßen oder Aufläufen, können die Milchprodukte auch mal durch Ersatzprodukte wie Haferdrink oder Sojasahne ausgetauscht werden. 

Auch der Einsatz einzelner Bio-Lebensmittel macht sich in der Klimabilanz bemerkbar. Durch Umstellen einzelner Produktgruppen, zum Beispiel Kartoffeln, Nudeln oder saisonalem Gemüse und Obst, kann eine kostengünstige Einführung von Bio-Lebensmitteln erzielt werden.

Grundsätzlich ist durch eine gute Mengenkalkulation und einen geringeren Einsatz von Fleisch und Wurst mit einer Kostenersparnis zu rechnen, die genutzt werden kann, um in die Qualität anderer Lebensmittel zu investieren. Auch Leitungswasser ist im Vergleich zu nicht regionalem Mineralwasser ein idealer, umweltfreundlicher und zudem sehr preiswerter Durstlöscher.

7. „Nachhaltigkeit & Klimaschutz“ ist in aller Munde! Wie können Kindertageseinrichtungen die Themen aufgreifen?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Thema bei den verschiedenen Akteur*innen in der Kita aufzugreifen. Beispielsweise kann die Einrichtung in Elternbriefen, auf ihrer Homepage oder bei Infoabenden auf das klimafreundliche Speiseangebot aufmerksam machen. So erfahren nicht nur die Eltern der Kita-Kinder von dem Engagement, sondern auch die breitere Öffentlichkeit. Ganz nach dem Motto „Tue Gutes und spreche darüber“.

Um die Annahme des klimafreundlichen Verpflegungsangebotes bei den kleinen Gästen zu steigern, ist es – neben einem qualitativ und geschmacklich hochwertigen Essen – wichtig und notwendig, alle Beteiligten mit einzubinden. Wenn die Wünsche und Vorlieben der Kinder berücksichtigt werden, wird das Kitaessen begeistern. So sollte regelmäßig die Zufriedenheit mit dem Essen überprüft und Wünsche an passender Stelle berücksichtigt werden.

Auch die Ernährungsbildung spielt in der Kita eine große Rolle. In diesem Zusammenhang empfiehlt sich − je nach Möglichkeiten vor Ort − zum Beispiel eine gemeinsame Kochaktion oder ein Klimafrühstück. Das fördert nicht nur einen wertschätzenden Umgang miteinander, sondern auch einen wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln.