Essatmosphäre

Übersicht

Die Essumgebung und die Atmosphäre während der Mahlzeiten sind essenzielle Faktoren dafür, wie es Kindern schmeckt und wie sie ein Verpflegungsangebot annehmen. Prägend sind unter anderem die Essenszeiten, die Raum- und Tischgestaltung sowie die Begleitung durch die Kindertagespflegeperson. Stimmen die Rahmenbedingungen, wird der Esstisch für Kinder zum wichtigen Lernort für Ernährungs- und Sozialkompetenzen.

Auf einen Blick

  • Feste Essenzeiten geben (Klein-)Kindern Struktur im Tagesverlauf und Sicherheit durch Gewohnheiten bzw. Ritualisierung.
  • Die Mahlzeiteneinnahme ist klar abzugrenzen von anderen Aktivitäten wie Spielen, Bewegung und Co. und sollte in Ruhe sowie angenehmer Atmosphäre erfolgen. Tischrituale können dabei helfen.
  • Ablenkungen am Esstisch sollten vermieden werden, wie zum Beispiel Abholsituation anderer Kinder.
  • Kindgerechtes Geschirr und Mobiliar unterstützen die Selbstständigkeit der Kinder.

Im Gespräch mit Kindertagespflegepersonen

Mahlzeitenangebote zu festen Zeiten geben Kindern Struktur und Sicherheit. In einer ruhigen Umgebung ohne Ablenkungen können sie ein gesundheitsförderndes und selbstständiges Essverhalten erlernen. Kindgerechtes Mobiliar und Geschirr unterstützen dabei genauso wie die vorbildhafte Begleitung der Kindertagespflegeperson.

Im Gespräch mit Erziehungsberechtigten

Kindertagespflegepersonen unterstützen Kinder beim Erlernen eines selbstständigen Essverhaltens und versorgen sie mit gesundheitsfördernden Mahlzeiten. Gleichzeitig achten sie darauf, dass Essenspausen eingelegt werden.

Ausführliche Informationen

(1) Essensrhythmus und Essenszeiten

Anzahl an Mahlzeiten | Die Anzahl und der Rhythmus von Mahlzeiten im Tagesverlauf richten sich nach dem kindlichen Energiebedarf, der Art und Menge verzehrter Lebensmittel. In Deutschland sind drei Hauptmahlzeiten (davon eine warme) sowie zwei kleinere Zwischenmahlzeiten üblich. In die Betreuungszeit der Kindertagespflege fallen meist zwei Hauptmahlzeiten und eine Zwischenmahlzeit. Ein regelmäßiger Essensrhythmus für (Klein-)Kinder wird empfohlen. Für Mahlzeiten sollte genügend Zeit eingeplant und sich an den Bedürfnissen der Kinder orientiert werden.

Feste Essenszeiten | Mahlzeiten zu festen Zeiten strukturieren den Tagesablauf. Kindern gibt dies Sicherheit und eine zeitliche Orientierung. Feste Essenszeiten sind empfehlenswert, damit zwischen den Mahlzeiten zumindest zwei bis drei essensfreie Stunden liegen. Ein durchgängiges Angebot eines Gemüse- und/ oder Obsttellers oder ähnliches wird nicht empfohlen. Kinder werden dadurch verleitet, über das eigene Hungergefühl hinaus weiter zu essen; ungünstige Auswirkungen auf die Zahngesundheit und Übergewicht können daraus folgen. Ungesüßte Getränke wie Trink- und Mineralwasser, Früchte- und Kräutertees sollten hingegen jederzeit verfügbar sein.

Offene Essenszeiten | Offene Essenszeiten, wie zum Beispiel ein Frühstück von acht bis zehn Uhr, bieten Kindern mehr Selbstbestimmung. Sie können sich stärker von ihrem Hunger- und Sättigungsgefühl leiten lassen. Angesichts unterschiedlicher Frühstücksgewohnheiten in den Familien kann eine offene Frühstückszeit in der Kindertagespflege den individuellen Bedürfnissen der Kinder entgegenkommen: Einige werden bereits zu Hause gefrühstückt haben, für andere ist es die erste Mahlzeit des Tages. Die Kindertagespflegeperson wägt ab, wie verfahren wird und trifft dazu Verabredungen mit den Erziehungsberechtigten. Eine Option wäre, offene Essenszeiten auf eine Mahlzeit (zum Beispieldas Frühstück) zu beschränken und die weiteren Mahlzeiten zu festen Zeiten anzubieten. So erleben Kinder Vielfalt.

Mittagsruhe | Ein Mittagsschlaf folgt in der Regel nach dem gemeinsamen Mittagessen. Denn ein gesättigtes Kind findet eher zur Ruhe. Es empfiehlt sich, den Zeitpunkt für das Mittagessen und den Mittagsschlaf an die Bedürfnisse der betreuten Kinder anzupassen. Sind die Kinder beispielsweise um 12:00 Uhr sehr müde, kann es günstiger sein das Mittagessen auf einen früheren Zeitpunkt zu verlegen.

(2) Gestaltung der Essenssituation

Abgrenzung zu anderen Aktivitäten | Jede Essenssituation sollte deutlich von anderen Aktivitäten abgegrenzt werden, damit Kinder sich auf die Wahrnehmung des eigenen Hunger- und Sättigungsgefühls konzentrieren können. Denn vieles erfordert ihre Aufmerksamkeit:

  • Das Trainieren der Kaumuskulatur bzw. Mundmotorik
  • Das Erlernen neuer Geschmäcke
  • Der Umgang mit Besteck
  • Das Trinken aus einem Becher

Atmosphäre am Esstisch | Kindern kommt eine ruhige Umgebung und ausreichend Zeit für das Essen und Trinken entgegen. Ein separater Speiseraum bzw. eine Essecke trägt zur Abgrenzung vom restlichen Betreuungsalltag bei. Eine angenehme Atmosphäre, zum Beispiel durch ein Platzdeckchen und/ oder Tischdekoration, fördert nicht nur das Wohlbefinden, sondern zum Beispiel auch die Kommunikation der älteren Kinder untereinander. Tischgespräche begünstigen die Sprachentwicklung und unterstützen Kinder darin über Themen zu sprechen, die sie beschäftigen. Ganz nebenbei erlernen sie lebensbegleitende Kompetenzen.

Gemeinschaft | Zusammen in der Gruppe eingenommene Mahlzeiten fördern soziale Interaktion, Gemeinschaftsgefühl, Toleranz und können zum Essen motivieren. Unbekannte Lebensmittel werden eher probiert. Zugleich bietet sich die Chance, neue Speisen, beispielsweise aus anderen Kulturen, kennenzulernen.

Tischrituale können eingeführt und gepflegt werden (siehe Regeln und Rituale), wozu das gemeinsame Eindecken des Tisches für ältere Kinder und das Bringen von kleinen Utensilien wie eine Suppenkelle für jüngere Kinder gehören kann. Von zentraler Bedeutung ist die unterstützende Begleitung durch die Kindertagespflegeperson. Dazu gehört auch, dass sehr junge Kinder auf dem Schoß gefüttert werden, bis sie selbstständig an der Tischgemeinschaft teilnehmen können.

(3) Kindgerechtes Geschirr und Mobiliar

Geschirr und Besteck | Die feinmotorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, um selbstständig zu essen, entwickeln und erlernen Kinder unterschiedlich schnell. Zunächst sind die Finger das Werkzeug der Wahl, denn sie ermöglichen, Lebensmittel zu befühlen und kennenzulernen. Mittels Pinzettengriffes können erst große, dann kleine Lebensmittel(stückchen) aufgenommen werden. Später kommt die Neugierde nach anderen Werkzeugen wie dem Besteck hinzu. Gute Unterstützung bei der Handhabung bieten tiefe Teller bzw. Schüsseln, die das Aufnehmen des Essens auf einen Löffel leichter machen als von einem flachen Teller. Löffel und Gabeln in kindgerechter Größe und Gewicht sind hilfreich. Welche Hilfsmittel ein Kind benötigt, hängt von seiner motorischen und sensorischen Entwicklung ab. Wird zum Beispiel die Gabel eingeführt, sollte der bereits bekannte Löffel trotzdem neben dem Teller liegen, damit nach Bedarf gewechselt und geübt werden kann. Für Getränke eignen sich kleine Karaffen oder Krüge aus Glas, mit denen das selbstständige Eingießen in kleine Gläser geübt werden kann. Kindgerechtes Geschirr unterstützt Kinder zudem, Portionsgrößen gut einschätzen zu lernen.

Material | Geeignetes Geschirr ist aus verschiedenen Materialien erhältlich.

  • Porzellan | Glas | Edelstahl | Emaille | Aus Porzellan, Glas, Edelstahl und Emaille lösen sich keine gesundheitsschädlichen Stoffe. Die Verwendung von Porzellan- und Glasgeschirr grenzt Kinder nicht von Erwachsenen durch ein „Spezialgeschirr“ ab. Glas hat den Vorteil, durchsichtig zu sein, und Kinder können dadurch Füllmenge und Aussehen der Speisen und Getränke sehen.
  • Kunststoff | Geschirr aus Kunststoff ist bruchsicher, sodass keine Verletzungsgefahr durch Scherben besteht. Gesundheitsschädliche Stoffe wie Phthalate (Weichmacher), Bisphenol A (BPA) und Flammschutzmittel können jedoch enthalten sein und durch Speisen aufgenommen werden. Kunststoffgeschirr sollte daher frei von Bisphenolen sein und nicht aus Polycarbonat bestehen, wofür Bisphenole eine Ausgangssubstanz sind. In Europa sind die Herstellung und das Inverkehrbringen von Trinkgefäßen für Kleinkinder und Babyflaschen, die mit BPA hergestellt wurden, verboten. Bei anderem Geschirr sollte auf den Hinweis „Bisphenol-frei“ geachtet werden.
  • „Bio-Kunststoff“ | Oft handelt es sich um Kunststoffe, die zwar auf pflanzlichen Rohstoffen basieren, denen aber zusätzlich andere Stoffe beigemischt werden, die das Gesamtprodukt genauso wenig biologisch abbaubar machen wie gewöhnlichen Kunststoff. Zudem werden Rohstoffe in der Herstellung verwendet, die auch zur Nahrungsmittelproduktion hätten eingesetzt werden können.
  • Melamin | Bambus | Auf bruchsicheres Geschirr aus Melamin oder Bambus, das oft zusätzlich mit Melamin beschichtet ist, sollte verzichtet werden. Bei Kontakt mit heißen Speisen oder Getränken, etwa ab +70 Grad Celsius, oder Erhitzung in der Mikrowelle können sich Melamin und Formaldehyd aus dem Geschirr herauslösen und in die Speisen bzw. Getränke übergehen. Durch die Aufnahme besteht das Risiko von zum Beispiel Nierenschädigungen und Krebserkrankungen.

Mobiliar | Eine stabile Sitzposition ermöglicht das Erlernen rotierender Kaubewegungen. Kinder benötigen stabilen Kontakt zum Boden oder einer ähnlich festen Fläche (zum Beispiel ein am (Hoch-)Stuhl angebrachter Tritt), wenn die Füße noch nicht auf den Boden reichen. Eine unsichere Position, zum Beispiel durch baumelnde Beine, erhöht das Verschluckungsrisiko.

Wenn Kinder am Tisch sitzen, wird jeweils ein 90-Grad-Winkel für Knie- und Hüftgelenke empfohlen. Tische sollten nur so hoch sein, dass die Kinder beim Sitzen bequem die Arme auf der Platte ablegen können. Rumpf und Kopf sollten Bewegungsfreiheit haben.

(4) Darreichungsformen – Servieren von Mahlzeiten

Milchmahlzeit und Beikost füttern | Entwicklung der Selbstständigkeit | Werden Säuglinge mit einer Milchmahlzeit gefüttert (siehe Selbstbestimmung), befinden sie sich in bequemer Haltung auf dem Schoß der Kindertagespflegeperson. Mit zunehmendem Alter des Kindes wird das Essen stückiger. Gleichzeitig erlernen Kinder das freie Sitzen und wechseln allmählich in einen Hochstuhl oder ein Essbänkchen, später auf einen Hocker/ Stuhl. Das Füttern wird nach und nach durch das eigenständige Nutzen von Fingern und schließlich Besteck zum Essen abgelöst.

Essen selber nehmen | Sobald von ihren Fähigkeiten her möglich sollten Kinder dazu ermuntert werden, sich Speisen selbst zu nehmen. Hierbei hilfreich sind durchsichtige Gefäße, wie Schüsseln aus Glas, damit Kinder die Speisen sehen können. Dadurch ist zum Beispiel schon für Jüngere zu beobachten, wie die Speisemenge abnimmt, und das Eingießen eines Getränks wird leichter, wenn Kinder sehen können, wie voll ihr Glas ist. Ältere Kinder lernen beim Abwarten die Aufschiebung eigener Bedürfnisse.

Portionsgrößen einschätzen | Kinder müssen erst lernen, Portionsgrößen entsprechend ihres Hungers und Appetits einzuschätzen und sollten dabei unterstützt werden. Ist eine Portion zu groß, kann von Kindern nicht erwartet werden, aufzuessen – erst recht nicht, wenn sie von einer Betreuungsperson aufgetan wurde. Daher empfiehlt sich, Kindern zunächst eine kleine Portion anzubieten oder sich selbst nehmen zu lassen. Das kann Tellerreste reduzieren und sie lernen zugleich, dass sie sich nachnehmen können. Reste können auch reduziert werden, indem aus der Küche nachgeholt wird. Denn Schüsselreste vom Tisch sind aus hygienischen Gründen zu entsorgen.

Stand: 11/2024

Quellen